Neben den Erneuerbaren Energien spielt die Mobilität eine entscheidende Rolle, um Österreich klimafit zu machen. Die Austrian Roadmap2050 lud aus aktuellem Anlass die Entscheidungsträger:innen der Mobilitätsbranche ein, um das Gleichgewicht der Entwicklung klimaschonender Mobilitätsstrategien zwischen Ballungsräumen und dem ländlichen Raum zu beleuchten.
Wo sind die Schnittpunkte für Pendler:innen, welche Services muss der ÖPNV einnehmen, welche Angebote kommen über die KFZ Branche neu in den Markt und wie sieht die Infrastruktur für E-Mobilität heute aus? Mit diesen Fragen der Intermodalität und der Raumordnung im Zusammenhang mit der Digitalisierung beschäftigte sich das eindrucksvolle Event der Austrian Roadmap2050 in der aussichtsreichen Location TUtheSky.
In den Medien und der Politik ist die Mobilität ein ständig diskutiertes Thema, wo sich die Gesellschaft einig ist: es muss etwas getan werden, um unsere Zukunft nachhaltig und mobil zu gestalten. Wie sehen die neuen Mobilitätsschnittpunkte in der Stadt und am Land aus, was die letzte Meile betrifft – und wie kurz kann denn die letzte Meile sein? Ist Pendeln überhaupt noch zeitgemäß, wenn innovationsträchtige Themen, wie das hybride Arbeiten Spielraum für eine neue Raumordnung für den Arbeitsplatz beinhalten?
Dahinter stellt sich die Frage, wie die Digitalisierung von ländlichen Arbeitsplätzen realisiert werden kann, wenn es immer mehr Menschen auf das Land zieht. Sind es die Randbezirke von Großstädten und Metropolen, welche diese Bezirke neu aufleben lassen oder sind es die jungen Menschen selbst, die sich nach Ruhe sehnen und diese Bezirke lebenswert gestalten.
Das erste Panel beschäftigt sich mit „Alternativen Antrieben im Aufwind“ und welche Rolle die Energiewende in diesem Bereich besitzt, um den synthetischen Kraftstoffen einen zusätzlichen Auftrieb zu geben.
So erklärte Georg Brasseur (Ehemaliger Institutsvorstand für Elektrische Messtechnik und Sensorik an der TU Graz) die hohe Bedeutung der Forschung an synthetischen Kraftstoffen, denn „die europäische Energie ist ein Mix aus fossilen Energien (40 %) und erneuerbaren Energien (60 %), weswegen jedes Mal wenn der Tank eines E-Auto Strom erhält, dies theoretisch auch von der fossilen Stromerzeugung stammen könnte. Den Ursprung kann man nicht mit Sicherheit feststellen.“ In diesem Sinne ist hocheffiziente Konvertierung für die Herstellung von erneuerbaren Kraftstoffen notwendig.
Auch Mario Brunner (Executive Vice President von AVL List) unterstützte diese These: „E-Fuels haben einen sehr großen CO₂ -Hebel, ich hoffe dass in diesem Bereich noch mehr erreicht werden kann und synthetische Kraftstoffe von der Gesetzgebung bald als CO₂ -neutral und damit als einsatzfähig betrachtet werden.“
Von der wissenschaftlichen Seite teilte auch Bernhard Geringer (Institutsvorstand für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik an der TU Wien) die Meinung, dass die Energieversorgungsdebatte auch im Kontext der Kosten von synthetischen Kraftstoffen von hoher Bedeutung ist.
Aus der Praxis erzählt Adele Szabo von der Umsetzung der Elektrifizierungsstrategie bei Volvo Car Austria (Anm.: Volvo möchte bis 2030 ausschließlich vollelektrische Modelle anbieten) und wie es für Nutzer:innen immer noch ein dringendes Aufklärungsgebot im Bereich der Mobilitätsangebote und -services bedarf.
Helmut Oberguggenberger ist Head of Competence am Austrian Institute of Technology und lenkt den Fokus zurück auf die ursprüngliche Frage, die auch angesichts des Kriegs in der Ukraine deutlich an Aufschwung bekommt: „ein E-Fahrzeug ist per se schon richtig, jedoch müssen wir den Fokus auf den Ursprung legen, also woher bekommen wir eigentlich die Energie“, so der Forscher abschließend. Das Panel gibt spannende Ausblicke, was sich von Seiten der Unternehmen und der Forschung im Bereich der E-Mobilität und alternativer Antriebe noch erwarten lässt.
Das zweite Panel beleuchtete die Schnittpunkte zwischen Stadt und Land und wie die Vernetzung im Bereich der Mobilität für die Nutzer:innen erfolgen kann, um den hohen Status des Pkws zu mildern. Denn schon Silvia Kaupa-Götzl (Vorständin der Österreichischen Postbus AG) gab im Rahmen eines Impulsvortrags anfangs zu bedenken, dass Österreich nach wie vor noch ein Pkw-Staat ist, wo ein Umdenken in der Bevölkerung stattfinden muss, um den ÖPNV für jede/n Bürger/in attraktiver werden zu lassen.
Wolfgang Malik (CEO Holding Graz) setzt in der Landeshauptstadt der Steiermark auf multimodale Knoten und Sharing-Konzepte, welche einen dringenden Ausbau benötigen, um Mobilität bedarfsgerecht zu gestalten. „Wir besitzen eine klare Dekarbonisierungsstrategie, die im besten Fall schon 2040 umgesetzt werden soll“, so der CEO.
Auch Vizepräsident der ÖVG und Vorstandsdirektor der ASFINAG Hartwig Hufnagl betonte den Aspekt der Multimodalität, bei welcher viele Komponenten eine Rolle spielen, um Vernetzung zu gewährleisten. „Unser Kerngeschäft wird sein die Zukunft zu antizipieren und dabei muss die Brücke zwischen Individualverkehr und ÖPNV gebaut werden“, so Hufnagl.
Harald Trautsch (CEO und Co-Founder von Dolphin Technologies) zeigt die Seite der Nutzer:innen auf, denn auch für diese seien Mobilitätsentscheidungen komplex, denn dabei müssen Prioritäten gesetzt werden. Dabei spielen Geschwindigkeit, Kosten und Komfort eine Rolle, soll also Nutzer:innen nicht eher sinnvolle Vorschläge in Form von digitalen Services gegeben werden? „Wir können Synergien schaffen, indem wir Mobilitätsverbindungen ermöglichen“, erklärt Harald Trautsch.
Die Leiterin des Personenverkehr (ÖBB) in Salzburg spricht ein zentrales Problem an, denn die Zersiedelung in Österreich ist ein zu erkennendes Problem, weswegen der Fokus auf die Verknüpfung der Verkehrsträger gelegt werden soll, um Mobilität auch im ländlichen Raum zu gewährleisten.
Im Bundesland Niederösterreich gibt Werner Pracherstorfer spannende Einblicke in aktuelle Projekte zur Raumordnung und -gestaltung. „45 Prozent der Wege der Menschen am Tag sind unter 5 Kilometer, genau da möchten wir ansetzen. Wir bieten erste Mobilitätsstationen mit allen möglichen Formen an und sehen im nächsten Schritt, welche favorisiert werden.“ Ein klares Statement gibt Pracherstorfer in Sachen Mobilitätssysteme: „Wir brauchen multifunktionale Systeme und keine Einzelanbieter. Diese lassen sich sehr schlecht in ein großes Mobilitätsangebot integrieren.“
Auch Günther Steinkellner (Landesrat für Infrastruktur OÖ) setzt an dem Punkt der Mobility as a Service (Maas) an. „Mobilität as a Service ist das, was wir erreichen wollen, doch durch die betriebswirtschaftlichen Interessen der Einzelnen wird es schwierig das Konzept „One Mobility“ zu erreichen“, so der Landesrat abschließend.
Die beiden Panels gaben im Anschluss genug Stoff für Austausch und Networking, um die zukunftsträchtigen Themen unserer Zeit zu beleuchten. Es lässt sich noch nicht absehen, wie wir uns 2050 fortbewegen werden, jedoch sind die Entscheidungsträger:innen von heute bereit, sich mit voller Tatkraft für die Gestaltung eines besseren Morgen einzusetzen.
(27. April 2022, Sandra Beck und Kevin Oczon)
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