Die letzten Wochen gaben viele Anreize zum Nachdenken, wie wir unsere Zukunft gestalten sollen und vor allem welche Maßnahmen priorisiert werden müssen, um die Klima -und Energiewende JETZT zu realisieren. 

Neben den Erneuerbaren Energien spielt die Mobilität eine entscheidende Rolle, um Österreich klimafit zu machen. Die Austrian Roadmap2050 lud aus aktuellem Anlass die Entscheidungsträger:innen der Mobilitätsbranche ein, um das Gleichgewicht der Entwicklung klimaschonender Mobilitätsstrategien zwischen Ballungsräumen und dem ländlichen Raum zu beleuchten.

Mobilitätsexpertin Claudia Falkinger gab die Moderation für das erste Austrian Roadmap2050 Event des Jahres. © Zsolt Marton

Wo sind die Schnittpunkte für Pendler:innen, welche Services muss der ÖPNV einnehmen, welche Angebote kommen über die KFZ Branche neu in den Markt und wie sieht die Infrastruktur für E-Mobilität heute aus? Mit diesen Fragen der Intermodalität und der Raumordnung im Zusammenhang mit der Digitalisierung beschäftigte sich das eindrucksvolle Event der Austrian Roadmap2050 in der aussichtsreichen Location TUtheSky.

Hartwig Hufnagl, Vizepräsident ÖVG & Vorstandsdirektor ASFINAG, eröffnete die Veranstaltung. © Zsolt Marton

In den Medien und der Politik ist die Mobilität ein ständig diskutiertes Thema, wo sich die Gesellschaft einig ist: es muss etwas getan werden, um unsere Zukunft nachhaltig und mobil zu gestalten. Wie sehen die neuen Mobilitätsschnittpunkte in der Stadt und am Land aus, was die letzte Meile betrifft – und wie kurz kann denn die letzte Meile sein? Ist Pendeln überhaupt noch zeitgemäß, wenn innovationsträchtige Themen, wie das hybride Arbeiten Spielraum für eine neue Raumordnung für den Arbeitsplatz beinhalten?

Vorständin der Österreichischen Postbus AG, Silvia Kaupa-Götzl, gab einen Impulsvortrag zur smarten Mobilität im ländlichen Raum. Leuchtturmprojekte im Mikro-ÖV, die die letzte Meile schließen sollen, wurden dabei präsentiert. © Zsolt Marton

Dahinter stellt sich die Frage, wie die Digitalisierung von ländlichen Arbeitsplätzen realisiert werden kann, wenn es immer mehr Menschen auf das Land zieht. Sind es die Randbezirke von Großstädten und Metropolen, welche diese Bezirke neu aufleben lassen oder sind es die jungen Menschen selbst, die sich nach Ruhe sehnen und diese Bezirke lebenswert gestalten.

Schaffen von Synergien von alternativen Energien und Mobilität

Das erste Panel beschäftigt sich mit „Alternativen Antrieben im Aufwind“ und welche Rolle die Energiewende in diesem Bereich besitzt, um den synthetischen Kraftstoffen einen zusätzlichen Auftrieb zu geben.

So erklärte Georg Brasseur (Ehemaliger Institutsvorstand für Elektrische Messtechnik und Sensorik an der TU Graz) die hohe Bedeutung der Forschung an synthetischen Kraftstoffen, denn „die europäische Energie ist ein Mix aus fossilen Energien (40 %) und erneuerbaren Energien (60 %), weswegen jedes Mal wenn der Tank eines E-Auto Strom erhält, dies theoretisch auch von der fossilen Stromerzeugung stammen könnte. Den Ursprung kann man nicht mit Sicherheit feststellen.“ In diesem Sinne ist hocheffiziente Konvertierung für die Herstellung von erneuerbaren Kraftstoffen notwendig.

Georg Brasseur, Ex-Institutsvorstand für Elektrische Messtechnik und Sensorik an der TU Graz, © Zsolt Marton

Auch Mario Brunner (Executive Vice President von AVL List) unterstützte diese These: „E-Fuels haben einen sehr großen CO₂ -Hebel, ich hoffe dass in diesem Bereich noch mehr erreicht werden kann und synthetische Kraftstoffe von der Gesetzgebung bald als CO₂ -neutral und damit als einsatzfähig betrachtet werden.“

Mario Brunner, Executive Vice President der AVL List GmbH, reiste mit einem vollelektrischen Fahrzeug zur Veranstaltung von Graz an. © Zsolt Marton

Von der wissenschaftlichen Seite teilte auch Bernhard Geringer (Institutsvorstand für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik an der TU Wien) die Meinung, dass die Energieversorgungsdebatte auch im Kontext der Kosten von synthetischen Kraftstoffen von hoher Bedeutung ist.

Bernhard Geringer, Institutsvorstand für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik an der TU Wien, betont, dass sich auch die Universitätslehre im Wandel befindet, um Studierende bestens auf die Anforderungen der Industrie vorbereiten zu können. © Zsolt Marton

Aus der Praxis erzählt Adele Szabo von der Umsetzung der Elektrifizierungsstrategie bei Volvo Car Austria (Anm.: Volvo möchte bis 2030 ausschließlich vollelektrische Modelle anbieten) und wie es für Nutzer:innen immer noch ein dringendes Aufklärungsgebot im Bereich der Mobilitätsangebote und -services bedarf.

Adele Szabo, Fleet & Financial Services, Volvo Car Austria, sieht die Hürden in der Mobilitätswende auch darin, Falschinformationen in Bezug auf Elektroautos weitestgehend entgegenzutreten. © Zsolt Marton

Helmut Oberguggenberger ist Head of Competence am Austrian Institute of Technology und lenkt den Fokus zurück auf die ursprüngliche Frage, die auch angesichts des Kriegs in der Ukraine deutlich an Aufschwung bekommt: „ein E-Fahrzeug ist per se schon richtig, jedoch müssen wir den Fokus auf den Ursprung legen, also woher bekommen wir eigentlich die Energie“, so der Forscher abschließend. Das Panel gibt spannende Ausblicke, was sich von Seiten der Unternehmen und der Forschung im Bereich der E-Mobilität und alternativer Antriebe noch erwarten lässt.

Helmut Oberguggenberger, Head of Competence Unit Electric Vehicle Technologies am AIT, forscht und entwickelt seit mehr als 20 Jahren zum Thema elektrische Antriebe und Komponenten für automotive Anwendungen. © Zsolt Marton

Multimodalität gibt den Ton der Zukunft der Mobilität an 

Das zweite Panel beleuchtete die Schnittpunkte zwischen Stadt und Land und wie die Vernetzung im Bereich der Mobilität für die Nutzer:innen erfolgen kann, um den hohen Status des Pkws zu mildern. Denn schon Silvia Kaupa-Götzl (Vorständin der Österreichischen Postbus AG) gab im Rahmen eines Impulsvortrags anfangs zu bedenken, dass Österreich nach wie vor noch ein Pkw-Staat ist, wo ein Umdenken in der Bevölkerung stattfinden muss, um den ÖPNV für jede/n Bürger/in attraktiver werden zu lassen.

Wolfgang Malik (CEO Holding Graz) setzt in der Landeshauptstadt der Steiermark auf multimodale Knoten und Sharing-Konzepte, welche einen dringenden Ausbau benötigen, um Mobilität bedarfsgerecht zu gestalten. „Wir besitzen eine klare Dekarbonisierungsstrategie, die im besten Fall schon 2040 umgesetzt werden soll“, so der CEO.

Wolfgang Malik, CEO der Holding Graz, stellt mit move2zero ein ganzheitliches Konzept für die vollständige Dekarbonisierung des städtischen Bustransportsystems in Graz vor. © Zsolt Marton

Auch Vizepräsident der ÖVG und Vorstandsdirektor der ASFINAG Hartwig Hufnagl betonte den Aspekt der Multimodalität, bei welcher viele Komponenten eine Rolle spielen, um Vernetzung zu gewährleisten. „Unser Kerngeschäft wird sein die Zukunft zu antizipieren und dabei muss die Brücke zwischen Individualverkehr und ÖPNV gebaut werden“, so Hufnagl.

ASFINAG Chef Hartwig Hufnagl nahm nach seinen einleitenden Worten am 2. Panel teil. © Zsolt Marton

Harald Trautsch (CEO und Co-Founder von Dolphin Technologies) zeigt die Seite der Nutzer:innen auf, denn auch für diese seien Mobilitätsentscheidungen komplex, denn dabei müssen Prioritäten gesetzt werden. Dabei spielen Geschwindigkeit, Kosten und Komfort eine Rolle, soll also Nutzer:innen nicht eher sinnvolle Vorschläge in Form von digitalen Services gegeben werden? „Wir können Synergien schaffen, indem wir Mobilitätsverbindungen ermöglichen“, erklärt Harald Trautsch.

Harald Trautsch, CEO von Verkehrstelematikunternehmen Dolphin Technologies, weist auf die Bedeutung von Bewegungsdaten hin, die neue Konzepte und Services in der Mobilitätsbranche eröffnen können. © Zsolt Marton

Die Leiterin des Personenverkehr (ÖBB) in Salzburg spricht ein zentrales Problem an, denn die Zersiedelung in Österreich ist ein zu erkennendes Problem, weswegen der Fokus auf die Verknüpfung der Verkehrsträger gelegt werden soll, um Mobilität auch im ländlichen Raum zu gewährleisten.

Barbara Kleinert wurde Anfang diesen Jahres Chefin der Personenverkehr Abteilung der ÖBB in Salzburg. Sie wünscht sich eine Verknüpfung der Verkehrsträger, um der Zersiedelung im ländlichen Raum zu kompensieren. © Zsolt Marton

Im Bundesland Niederösterreich gibt Werner Pracherstorfer spannende Einblicke in aktuelle Projekte zur Raumordnung und -gestaltung. „45 Prozent der Wege der Menschen am Tag sind unter 5 Kilometer, genau da möchten wir ansetzen. Wir bieten erste Mobilitätsstationen mit allen möglichen Formen an und sehen im nächsten Schritt, welche favorisiert werden.“ Ein klares Statement gibt Pracherstorfer in Sachen Mobilitätssysteme: „Wir brauchen multifunktionale Systeme und keine Einzelanbieter. Diese lassen sich sehr schlecht in ein großes Mobilitätsangebot integrieren.“

Werner Pracherstorfer von der Abteilung Raumordnung & Gesamtverkehrsangelegenheiten, Land NÖ. Zsolt Marton

Auch Günther Steinkellner (Landesrat für Infrastruktur OÖ) setzt an dem Punkt der Mobility as a Service (Maas) an. „Mobilität as a Service ist das, was wir erreichen wollen, doch durch die betriebswirtschaftlichen Interessen der Einzelnen wird es schwierig das Konzept „One Mobility“ zu erreichen“, so der Landesrat abschließend.

günther steinkellner

Oberösterreichs Landesrat für Infrastruktur Günther Steinkellner hat für sein Bundesland viel vor. Im Zuge des ÖBB Rahmenplans wurden Investitionen in Höhe von 1 Mrd. Euro getätigt. © Zsolt Marton

Die beiden Panels gaben im Anschluss genug Stoff für Austausch und Networking, um die zukunftsträchtigen Themen unserer Zeit zu beleuchten. Es lässt sich noch nicht absehen, wie wir uns 2050 fortbewegen werden, jedoch sind die Entscheidungsträger:innen von heute bereit, sich mit voller Tatkraft für die Gestaltung eines besseren Morgen einzusetzen.

(27. April 2022, Sandra Beck und Kevin Oczon)

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