Große Mengen CO₂ langanhaltend der Atmosphäre zu entziehen und in Produkten zu binden, gilt als die Herausforderung unserer Zeit. Mit Möglichkeiten und Szenarien lassen sich Prognosen und Lösungen entwickeln – ein Blick in die Wirtschaftlichkeit von Kohlenstoffdioxid.

In Österreichs Unternehmen werden bereits zahlreiche Initiativen zur Senkung von CO₂-Emissionen umgesetzt, doch eine vollständige Reduktion auf Null bleibt wirtschaftlich herausfordernd, da dies oft mit hohen Investitionskosten und betrieblichen Einschränkungen verbunden ist. Stefan Sadler, Student im Masterstudiengang Energie- und Umweltmanagement der FH Burgenland, beschäftigte sich in seiner Masterarbeit mit zehn „Negative Emission Technologies“ (NET) – Ansätzen, die auf die Entnahme von entstehenden Treibhausgasen aus der Atmosphäre und im Idealfall, eine Weiterverwendung, abzielen. Sein Fokus lag dabei auf der realen Umsetzbarkeit im Burgenland, wo aktuell jährlich 1,7 Megatonnen CO₂ anfallen.

 

Speicherung in Gestein und natürlicher Dünger

Neben bereits bekannten Methoden, wie der Wiederaufforstung von Wäldern sowie Wiederbefeuchtung von Mooren, beleuchtete Sander die direkte CO₂-Abscheidung aus der Atmosphäre mit anschließender Speicherung in basalthaltigem Gestein (direct air carbon capture and storage). In Island bereits im Einsatz ist der Prozess dazu in Österreich allerdings noch nicht zugelassen. „Im Burgenland würde sich hier allein der Pauliberg bei Landsee anbieten“, so Sadler über die geografischen Begebenheiten.

Um Biomasse nachhaltig zu nutzen, empfiehlt Sadler die Herstellung von Pflanzenkohle: Die mit Kohlenstoff angereicherte Kohle kann deponiert oder zur Bodenverbesserung in der Landwirtschaft genutzt werden. Ähnlich wie bei der Aufforstung ist das Potenzial hier sehr hoch. Generell sei die optimierte Bewirtschaftung von Flächen wichtig, um den Kohlenstoffgehalt im Boden zu steigern. Laut Sadler könnten im Burgenland so bis zu 18 % des jährlichen Ausstoßes kompensiert werden. Unter den 10 untersuchten Technologien birgt ein verbessertes Forstmanagement das größte Einsparungspotenzial: Bestehende Waldflächen machen mehr als ein Drittel der Landesfläche aus, was einer jährlichen Speicherleistung von 1 Megatonne CO₂ entspricht. Sander kam zu dem Entschluss, dass für das Bundesland eine Kombination verschiedener Methoden vorteilhaft sei, um bis 2030 bilanziell klimaneutral zu werden. Jegliche NET müssten aber dennoch mit einer grundlegenden Reduktion des CO₂-Ausstoßes einhergehen.

 

CO₂ für Ihren morgendlichen Proteinshake

Seit Jahren wird eine erhöhte Konzentration von CO₂ im menschlichen Körper mit schwerwiegenden Gesundheitsproblemen wie Atemwegserkrankungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht. Die Vorstellung, den hauseigenen CO₂-Gehalt mutwillig durch die Nahrungsaufnahme zu steigern, klingt makaber. Bereits vier Dekaden forscht das Grazer Startup Econutri bereits daran, aus CO₂ ein von Tieren und Menschen essbares Protein herzustellen. Das wissenschaftliche Konzept setzt auf spezielle Mikroorganismen, welche CO₂ verstoffwechseln und so Biomasse erzeugen, aus der in Folge bis zu 80 Prozent hochwertigen Proteine gewonnen werden können. Das Endprodukt ist ein Pulver, wie es viele für Proteinshakes benutzen. Mit einem 300-Liter-Labor-Kessel ließen sich innerhalb von zwei Tagen 20 Kilo Protein produzieren.

Noch ist das Pulver allerdings nicht für den menschlichen Verzehr zugelassen. An der Veterinärmedizinischen Universität (Vedmed) Wien wird derzeit getestet, ob sich die produzierten Proteine als Fischfutter eignen. Um die Produktentwicklung und Studien zur Verträglichkeit voranzutreiben, erhielt Econutri Ende Juli 2024 Kapital in sechsstelliger Höhe von RKP InnoInvest.

 

Carbon-to-Value

Die 2022 gestartete „Carbon-to-Value-Challenge“ der deutschen Bundesagentur für Sprunginnovation SPRIND, sucht und finanziert Wege, eingefangenes CO₂ in großen Mengen in möglichst langfristig haltbare Produkte zu verarbeiten. Aktuell sind noch drei Unternehmen im Rennen: Das Berliner Unternehmen EnaDyne betreibt Reaktoren, die eingefangenes CO₂ per Plasmakatalyse zu Kohlenwasserstoffen wie Methanol, Ethanol oder Ethylen verarbeiten können. Diese Rohstoffe können unter anderem von der Zementindustrie, in Biogasanlagen, der chemischen Industrie und für die Herstellung von E-Fuels eingesetzt werden. Carbo Culture bindet Kohlenstoff aus Abfallbiomasse in Form von Pflanzenkohle, die in Beton zur Verringerung des ökologischen Fußabdrucks und als Wärmeleiter verwendet werden kann. MacroCarbon setzt auf die versteckte Kraft im Wasser: Ozeane absorbieren Milliarden Tonnen menschengemachter Emissionen. Das Projekt C-Cause möchte mit riesigen Algen-Farmen gegen Übersäuerung von Meeren und Zerstörung von Ökosystemen. Die geernteten Algen können zu Dünger oder Ethylen verarbeitet werden.

Jedes der drei Teams erhält bis zum Ende der mehrjährigen Challenge am 30. September 2024 weitere bis zu 2.300.000 Euro, um ihre Idee in ein wirtschaftliches Geschäftsmodell zu verwandeln.

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