Geförderter Wohnbau findet in Wien nicht nur auf großen Stadtentwicklungsgebieten statt. Sondern Gleichgesinnte können sich auch im Rahmen von individueller Mitbestimmung zusammenschließen, um ihren Traum vom gemeinsamen Wohnen mit Fördermitteln der Stadt zu verwirklichen.
So entstehen bis 2024 vier neue Baugruppenprojekte unter sozialen und ökologischen Gesichtspunkten, die aus einem kürzlich abgeschlossenen Bauträgerwettbewerb hervorgegangen sind.
„Eine der ganz großen Stärken des Wiener Wohnbau-Modells ist es, dass er allen Gruppen in unserer Stadt ein gutes Angebot machen kann. Es geht der Stadt dabei nicht nur um Quantität und Leistbarkeit, sondern wir wollen auch den individuellen Wünschen der Menschen entsprechen. Und das Modell der Baugruppen ist wie geschaffen dafür“, so Vizebürgermeisterin und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal.
Umsetzung der Siegerprojekte erfolgt bis 2024
In diesem Sinn hielt der wohnfonds_wien auf vier Standorten ‒ einer im 14. Bezirk und drei im 22. Bezirk ‒ einen zweistufigen Bauträgerwettbewerb für Baugruppen mit insgesamt rund 100 geförderten Wohnungen und einem Kindergarten ab.
Das Ergebnis davon sind individuelle Wohnprojekte, die mit speziellen Grundrissen, mit zahlreichen Angeboten an die Hausgemeinschaft und die Nachbarschaft sowie mit umweltbewusster Umsetzung gleichermaßen punkten.
„Die Auswahl der Siegerprojekte war nicht einfach, es überzeugten alle Beiträge mit hohen Qualitätsstandards. Doch schlussendlich haben sich die Besten der Besten durchgesetzt“, sind sich die wohnfonds_wien-Geschäftsführer Gregor Puscher und Dieter Groschopf einig.
Im Sinne des besonders kostengünstigen Wohnens werden alle Bauplätze im Baurecht vergeben. Die Umsetzung aller Siegerprojekte erfolgt spätestens bis Sommer 2024. Die Gesamtbaukosten der durchwegs innovativen Projekte belaufen sich auf insgesamt rund 22 Millionen Euro. Rund 7 Millionen Euro an Förderung werden von der Stadt investiert. Der Bauträgerwettbewerb war Teil der Wohnbau-Offensive 2018‒2020.
Was sind Baugruppen?
Baugruppen sind Zusammenschlüsse von Gleichgesinnten, die ähnliche Wohnideen haben und diese umsetzen. In Gemeinschaft wird geplant, gebaut und gewohnt. Eine Baugruppe umfasst eine variable Zahl an natürlichen Personen (10 bis 60), sie ist entweder als Gesellschaft bürgerlichen Rechts („Arbeitsgemeinschaft“), als Genossenschaft („Basis-/Mikrogenossenschaft“) oder als Verein („Bewohnerverein“) organisiert. Bei den Wohnprojekten des abgeschlossenen Bauträgerwettbewerbs stehen Rückzugsbereiche und Gemeinschaftsflächen gleichermaßen im Fokus. Auf Selbstbestimmung und Selbstverwaltung wird in Bezug auf den Wohnraum und die Freiflächen großer Wert gelegt.
Baugruppenprojekt Hütteldorfer Straße 273/Felbigergasse 102
Baugruppe: Living for Future – Verein für gemeinschafliches und zukunftsfähiges Wohnen, Architektur: schmidt-colinet – schmoeger, Landschaftsplanung: Auböck + Kárász Landscape Architects.
Beim Siegerprojekt der Baugruppe Living for Future haben sich Kulturschaffende zusammengeschlossen, um ihre individuellen Ideen vom Bauen und Wohnen zu realisieren. Im Mittelpunkt stehen die Aspekte flexible Wohnräume, klimagerechtes Wohnen und gemeinschaftliche Synergien ‒ nicht nur für die Hausgemeinschaft, sondern auch für die Nachbarschaft im Grätzl. In zwei Gebäuden werden 10 Wohneinheiten errichtet. Diese sind an unterschiedliche Lebenssituationen und Bedürfnisse anpassbar. Vorgelagerte Loggien erweitern saisonal den Wohnraum und wirken sich als „Klimaschicht“ positiv auf das Wohnklima aus. Eine sogenannte „Solidaritätswohnung“ ist für sozial Benachteiligte vorgesehen. Ein Gemeinschaftsraum und der Gemeinschaftsgarten können auch von den NachbarInnen genutzt werden. Für eine Belebung des Grätzls sorgen auch eine Food Coop, eine Greißlerei und ein Generationencafé. Für weitere Aktivitäten sollen leerstehende Räumlichkeiten in der näheren Umgebung genutzt werden. Das innovative Energieversorgungskonzept setzt auf Erdwärmenutzung mittels Tiefensonde und Wärmepumpe in Kombination mit Bauteilaktivierung zur Heizung und Kühlung.
Baugruppenprojekt Biberhaufenweg 212
Baugruppe: Verein Biber*land, Bauträger: EBG, Architektur: a-plus architekten, Landschaftsplanung: Land in Sicht, Soziale Nachhaltigkeit: Que[e]rbau – Verein für gemeinschaftliches Bauen und Wohnen.
Absolut naturnah und trotzdem in der Stadt ‒ das zeichnet dieses Baugruppenprojekt aus, das am Eingang zum Nationalpark Donau-Auen in der Lobau liegt und von einem Wald- und Wiesengürtel umgeben wird. Unter dem Generalmotto „Jede/r für sich und manches zusammen“ stehen soziale, ökologische und integrative Kriterien gleichermaßen im Fokus. 21 Wohneinheiten sind auf sechs Baukörper, die in Holz-Leichtbauweise errichtet werden, verteilt. Fünf Wohnungen sind für benachteiligte Gruppen vorgesehen und werden in Kooperation mit sozialen Trägerorganisationen vergeben. Für die Gemeinschaft stehen ein offener Raum im Erdgeschoß mit Kochgelegenheit und vorgelagerter Gartenterrasse, ein von der Gruppe selbst gebautes Salettl (Kontemplations- und Bewegungsraum) sowie eine Werkstatt zur Verfügung. Auch im Garten sind zahlreiche Aktivitäten geplant. Die Nachbarschaft ist willkommen und kann die Angebote gleichermaßen nutzen. Weitere Besonderheiten: Carsharing, eine ambitionierte Fassadenbegrünung, erneuerbare Energieversorgung mit Wärmepumpe und Stromerzeugung mit Photovoltaik.
Baugruppe Gartenheimstraße 29
Baugruppe: Verein Baugruppe Gartenheim, Bauträger: Gartenheim, Architektur: sandbichler architekten, Landschaftsplanung: Simma Zimmermann Landschaftsarchitektinnen, Soziale Nachhaltigkeit: realitylab.
In dörflicher Struktur neben dem Tennisclub Essling entsteht ein Baugruppenprojekt, das auf Diversität setzt und das Potenzial hat, in Zukunft als „Dorfzentrum“ für die Umgebung zu fungieren. 12 Häuser bieten 17 geförderten Mietwohnungen, 20 besonders günstigen SMART-Wohnungen und einem Kindergarten Platz. Für die BewohnerInnen stehen ein Multifunktionsraum und eine Gemeinschaftsküche zur Verfügung. Diese und der Freiraum, der vom Prinzip der Permakultur geprägt ist, können auch von der Nachbarschaft genutzt werden. Weitere Spezifika des Projekts: erneuerbare Wärmeversorgung in Verbindung mit Erdsonden, Photovoltaik, Vertikalbegrünung und Dachbegrünung.
Baugruppe Niklas-Eslarn-Straße 13
Baugruppe: Assemblage Niklas-Eslarn ‒ Baugruppenverein für interkulturelles, gemeinsames Wohnen, Bauträger: Gartenheim, Architektur: RfM Architektur ‒ skstadtplanung&architektur, Landschaftsplanung: Idealice, Soziale Nachhaltigkeit: Mag.a Dr.in Andrea Schaffar.
Errichtet werden 13 geförderte Mietwohnungen und 18 SMART-Wohnungen, darunter auch Gästewohnungen und Integrationsstartwohnungen. Neben Mitgestaltung beim Planen wird bei diesem Projekt auch der Selbstausbau forciert. Das Zentrum des aus sieben Gebäuden bestehenden Ensembles bildet das Gemeinschaftshaus. Im Erdgeschoß ist das Lokal „Speisen ohne Grenzen“ untergebracht, wo BewohnerInnen auch gleich mitarbeiten können. Weitere Angebote, die nicht nur von den Baugruppenmitgliedern selbst, sondern auch von den AnrainerInnen im Umfeld genutzt werden können, sind ein Gemeinschaftsraum und die Spielstraße, die alle Kinder des Grätzls zusammenführen soll. Im Rahmen einer Kunstinitiative gestalten KünstlerInnen aus den Herkunftsländern der BewohnerInnen verschiedene Plätze im gut ausgestalteten Freiraum. Das Baugruppenprojekt besticht mit seiner Lage, liegt es doch unweit zum Landschaftsschutzgebiet Donaustadt und zum Himmelteich. Die U2-Station Seestadt ist in wenigen Minuten erreichbar. In ökologischer Hinsicht punktet der Neubau mit Holz-Mischbauweise, Grundwasser-Wärmepumpe und Photovoltaikanlage.
wohnfonds_wien
Der wohnfonds_wien wurde 1984 gegründet. Aus den ursprünglichen Aufgaben, der Beratung und Begleitung von Althaussanierungen und der Bereitstellung von Grundstücken für den geförderten Wohnbau, entwickelte sich ein weltweit beachtetes Stadterweiterungs- und Stadterneuerungsprogramm. Umfassende Sanierungsprojekte und anspruchsvolle Wohnungsneubauten (Ergebnisse der 1995 eingeführten Bauträgerwettbewerbe und des Grundstücksbeirates) sind national und international anerkannte Modelle einer neuen, lebenswerten Urbanität. Der wohnfonds_wien ist eine gemeinnützig tätige Organisation und fungiert als dienstleistungsorientierte Koordinationsstelle – unter anderem zwischen Bauträgern, HauseigentümerInnen und ihren VertreterInnen sowie Magistratsabteilungen, hier vor allem der Förderstelle und Service-Einrichtungen der Stadt Wien. Präsidentin des wohnfonds_wien ist die Vizebürgermeisterin Kathrin Gaal.
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